Fahrtberichte

Christoph Schönemann und Michael Sommerhage erreichen im MAN Heißluftballon 746km in 6h, Höchstgeschwindigkeit 155 km/h, Durchschnittsgeschwindigkeit 119 km/h


Wir haben uns zum 6.Mal zur Thüringer Wald Weitfahrt beim Ballonsportclub Thüringen angemeldet. Für Januar oder Februar wurden keine Hotelzimmer im Thüringer Wald mehr gefunden und so mussten wir mit der Ballonwinterfahrt in den März weichen.
Dieser Winter hatte aber den März noch voll im Griff und so konnten wir auf gute Fahrten hoffen.
Angereist waren 10 Ballonteams am Samstag 27.Februar, um größtmögliche Entfernungen im Heißluftballon zu erreichen. Bei dieser Veranstaltung wurden in den früheren Jahren schon Rekordweiten von 600km erreicht. Es sollte aber noch besser kommen.

Die Startvorbereitung und die unterschiedliche Taktik einzelner Teams ist ungefähr 80% der Arbeit, 20 % ist nur noch das Abfahren der geplanten Strecke.

Schon eine Woche vor Ankunft analysierten wir die verschiedenen Hochs und Tiefs, wie wird die Woche  wohl aussehen? Die ersten 2 Tage machten einen Start im Bereich des Thüringer Waldes unmöglich, Erst zum Dienstag nach Ankunft konnten wir auf besseres Wetter hoffen. Am Montag, von morgens bis zum späten Nachmittag, diskutierten und feilten alle Teams an der möglichen Strecke, die am Dienstag wohl zu fahren sein wird. Es wurden noch Überfluggenehmigungen und Einreisegenehmigungen für die verschiedenen Länder in diese Windrichtung besorgt. Sauerstoff und Gasvorräte wurden nochmals ergänzt, es sollte nichts mehr gegen eine lange Fahrt sprechen.

Die verschiedenen Ballone von 3400qbm bis 5000qbm sind in einer Handicapregelung schon egalisiert. Aber es gibt auch noch Unterschiede beim Hüllenstoff, der bei einigen Ballonen doch wesentlich dichter ist und diese Ballone dadurch länger, bei gleichem Gasvorrat, in der Luft halten. Von 6 – 10 h Fahrzeit beträgt in etwa die Kapazität der einzelnen Ballone.

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sind es nun im März schon 10h, also der Vorteil, der Groß- bzw. Spezialballone, die lange in der Luft bleiben können, verbessert sich zu Gunsten derer.

Starke Westwinde ließen dann am 1. Starttag die Ballone mit 100km/h Richtung Osten -Polen /Ukraine- fahren.

Nach sorgfältigen Wetterstudien entschieden wir uns, das MAN Ballonteam, Alwin Falkner (Verfolger), Günter Mascha (Verfolger), Michael Sommerhage (Copilot) und ich, nicht am ersten Tag mit der Masse mit zu fahren, sondern noch schnellere Winde abzuwarten.

Die Wetteraussichten für den 2.Starttag waren noch besser, leider nicht sicher genug. Aber wir sahen darin eine größere Gewinnchance gegen Groß- (5000qbm) und Spezialballone. Unsere maximale Fahrdauer beträgt leider nur 6h in dieser Höhe. Nach den Windberechnungen sahen wir gute Chancen dies zu erreichen. Das einzige Problem sollte die Stauwetterlage vor dem Thüringer Wald sein.

Schon das morgendliche Wetterbriefing, wir brauchen für die Fahrt Sichtflugwetter, hatte viele -Vielleicht- aber wir ließen uns nicht beirren.

Das Wilbert-Team hatte am Dienstag 820km in 8:30h erreicht und konnte frühestens am Mittwoch um 12:00 Uhr wieder zum Neustart in Oberhof sein, wir rechneten uns also gute Chancen aus diese Strecke zu übertrumpfen.

Der Startaufbau lief mit unserem eingespielten Ballonteam reibungslos ab, und so waren wir 45 Minuten nach Ankunft am Startplatz in der Luft.

Mit einer Windgeschwindigkeit von 30 km/h in 600 Meter ging es Richtung Süden und wir suchten  ein Loch in der Wolkendecke zum durchsteigen auf Flugfläche FL190 (6000m). Über München Info bekamen wir zuerst eine Freigabe auf 3000m. Nach meinen Berechnungen und der vorhergesagten Temperatur sollten wir die berechneten 6000m ohne Probleme erreichen können.

Sehr schnell erreichten wir das besagte Loch in der Wolkendecke und wir konnten  aufsteigen.

Schon in 2000m bekamen wir eine Freigabe auf FL 140 (4200m) zu steigen. Da der Kurs, der immer noch Richtung Süden ging und die Geschwindigkeit noch unter 100km/h war, ließen wir uns gleich eine Freigabe nach FL 190 (6000m) geben.

Der Ballon stieg noch mit 2 meter/sec  auf diese Höhe. Die Temperatur -300 C, die Windrichtung von NW und die Geschwindigkeit 140km/h stimmten nun exakt mit der vor geplanten Route überein. Die Flugkontrollstellen ermöglichten uns zwischen 5000- und 6000 Metern zu pendeln.

Einen Heißluftballon in dieser Höhe auf der genauen Flugfläche zu halten bedarf äußerste Konzentration. Unsere Reiseroute ging über Pilsen, Wien nach Budapest.

Das erste Problem tauchte in Österreich auf. Genau an unserer Fahrstrecke war eine Danger Ärea (Militärisches Übungsgebiet), die wir leicht südlich streifen sollten. Nun war ein Verhandeln mit der Flugsicherung erforderlich, denn weiter runter gehen, würde bedeuten wesentlich langsamer fahren, nach Süden abzudriften und eventuell in den Serbischen Luftraum, von dem wir keine Genehmigung hatten, zu kommen oder oben drüber auf FL 250 zu gehen, würde aber zur Disqualifizierung im Wettbewerb führen. Wir hatten im Wettbewerb eine Höhe von maximal 6300m festgelegt.

Die österreichische Flugsicherung hatte ein Einsehen und gab uns eine genaue Höhe von FL 195 (6000m) zum durchfahren, die wir dort auch exakt eingehalten haben. Das Gebiet haben wir dann in 20 Minuten durchfahren und vor uns lag Wien.

Mitten über die Stadt führte uns die Drift und bei klarer Bodensicht konnten wir viele bekannte Bauwerke ausmachen.

Unser einziges Problem bestand nur noch darin, wie weit kommen wir mit unseren Gasvorräten? Da durch das reduzierte Fluggewicht die Heizimpulse immer seltener wurden, hofften wir auf eine noch sehr lange Strecke. Wir mussten auf alle Fälle, zur Abstiegs- und Landephase, eine Gasflasche zurück halten. Südlich von Budapest führte die Strecke genau in die Puszta, also viel Landefläche, aber auch viel Wind. 40 km hinter Budapest haben wir uns dann zum Abstieg entschieden, Im Bereich der Donau standen leider sehr viele Felder unter Wasser, aber der schnelle Landewind von ca.20km/h hatte auch einen Vorteil, man findet mehr Landegrund.

Eine kleine Wiese bot sich zur Landung an und nach einem beherzten Ventilzug stand der Ballon um 13:25 Uhr, nach 3 – 4Metern in einer trockenen Wiese.

Wir waren sehr zufrieden mit unserem gefahrenen Ergebnis. 746 km im normalen serienmäßigen Heißluftballon soll erstmal einer nachmachen!


Während wir den Ballon zusammenpackten, kam die örtliche Polizei, die wahrscheinlich unsere Landung beobachtet hatte. Wir stellten uns kurz vor, konnten uns aber nur mit Händen und Füßen verständigen, denn Ungarisch spricht von uns keiner ein Wort.

Leider verstand der Polizist auch kein Englisch und so musste er 2 Kollegen herbeordern, die Englisch sprechen konnten. Nach ca. 30 Minuten erschienen dann die Kollegen, deren Englisch war auch dürftig, aber einer hatte eine deutsche Frau und so verständigten wir uns über das Handy mit der Frau und den Polizisten.

Nachdem die Formalien geklärt waren, fragte uns der Polizist ob wir Geld dabei hätten, wir bestätigten dies, sahen aber nicht ein für irgendetwas Strafe zu zahlen. Nach einem erneuten Telefonat mit der Frau des Polizisten stellte sich heraus, die Polizei wollte uns nur zu  einem Restaurant bringen, um dort auf unsere Verfolger zu warten. Wir klärten die Polizisten auf, dass unser Ballon zu wertvoll sei, um ihn in der Puszta ohne Bewachung liegen zu lassen. Die Polizisten stimmten dem zu und bestimmten der örtliche Polizist solle so lange aufpassen.

Dieses Angebot lehnten wir freundlich ab.

Wir bedankten uns für die nette Aufnahme bei der Polizei und verabschiedeten uns. Nach einer Weile kam der örtliche Polizist wieder zurück und brachte uns eine Flasche mit 2 Liter Wein der besten Sorte, damit uns das Warten auf die Verfolger nicht zu lang wird.

So viel Gastfreundschaft wird einem in Ungarn von der Polizei entgegen gebracht, wenn man mit einem Ballon dort landet. Abends um 19:00 Uhr, die Flasche war schon leer, kamen dann unsere Verfolger Günter und Alwin bei uns an, die eine Fahrt von fast 1200km bewältigen mussten.

Nach dem Verladen des Ballons suchten wir ein Hotel zum übernachten. Ich wusste der Euroring Rennkurs und damit das Hotel Sarlospuszta, in dem wir schon öfters übernachtet hatten, muss ganz in der Nähe sein. Nach einer kleinen Irrfahrt über Feldwege und schlechte Straßen fanden wir das Hotel. Wir sind nur 5km Luftlinie von diesem Hotel entfernt gelandet!

Wir bekamen noch ein typisches ungarisches Abendessen serviert. Nach einer kurzen Nachbesprechung beim Bier haben wir den Tag zufrieden beendet.

Der Heimweg am nächsten Tag verlief ohne Probleme, da wir ja ohne Ballonanhänger unterwegs waren. Abends um 19:00h erreichten wir unser Hotel in Oberhof.


Es hat leider nur zum 2 Platz gereicht, einen Tag vorher hat das Wilbert-Team 820km in 8 ½ Stunden zurück gelegt. Wir sind in 6 Stunden 746 km gefahren, mit dem gleichen Ballon wären wir über 1000 km bis ans Schwarze Meer gekommen.

Bei unserer Fahrt hatte alles gestimmt, es lagen für alle Länder Überfluggenehmigungen vor und es musste auch keine Küstenlinie überfahren werden. Einen Rekord in Europa mit einem Ballon zu schaffen scheitert meist an den vielen verschiedenen Ländern und den einschließenden Meeren. Vielleicht klappt es ja das nächste Mal

Christoph Schönemann